Gesammelte Nachrichten zur
geographischen Beschreibung der Herrschaft Jever.
(1797 - 1802)
Im
Jahre 1896 ließ Professor
F. W. Riemann,
Lehrer des
Mariengymnasiums in Jever, eine bereits
einhundert Jahre alte Handschrift
aus dem Bestand der Bibliothek dieser Schule beim Verlag C. L.
Mettcker & Söhne in Jever drucken. Der
Autor dieser Handschrift gab sich zwar
nicht zu erkennen,
jedoch schloss Riemann aus verschiedenen Hinweisen, dass dieser nur
der Prediger zu
Waddewarden sein konnte: Magister Johann Gottlieb Siegesmund
Braunsdorf.
Dieses Druckwerk hat im frühen 20. Jahrhundert die regionalen Heimatkundler offensichtlich sehr beschäftigt - haben sich Land und Leben hierin doch mittlerweile durch die technischen Entwicklungen erheblich verändert. Ärgerlich mag gewesen sein, dass in der Handschrift mehrere Folioseiten der etwa dreihundertseitigen Handschrift abhanden gekommen waren. Der hier bekannte Heimatforscher und Redakteur Georg Janßen aus Sillenstede aber konnte diese Lücken füllen. Er hatte ein Manuskript aus dem Jahre 1781 gefunden, welches zu einem großen Teil wörtlich mit der Handschrift Braunsdorf übereinstimmte. Daraus, so schloss Janßen, gehöre die wahre Urheberschaft diesem Autor. Dieser war der seinerzeit gleichermaßen bekannte Chronist Martin Bernhard Martens. Georg Janßen veröffentlichte 1926 in vier Folgen die fehlenden Stücke im Jeverschen Wochenblatt.
Ein Neudruck des Buches erfolgte bisher nicht. Die Zeitungsausschnitte wurden - zumindest in der Bibliothek des Schlossmuseums Jever in den dort erhaltenen beiden Exemplaren des Druckes von 1896 eingeklebt und der Titel des Buches in diesen beiden Ausgaben entsprechend verändert (siehe obiges Titelblatt).
Eine
Neuauflage mit Füllung der Lücken in einer aktuellen Druckschrift
lege ich hiermit vor.
Man mag den
Eindruck haben, dass mit der Ergänzung der Textlücken dem Martin
Berhard Martens zumindest Geltung als Urheber der Schrift gegeben wurde
- im Beiklang aber, dass Magister Braunsdorf diesen Text plagiert habe.
Dieses allerdings erscheint unwahrscheinlich. Beide Herren lebten zur
gleichen
Zeit nahe beieinander, werden sich in den intellektuellen Zirkeln der
damaligen jeverschen Gesellschaft getroffen haben. Vielleicht haben sie
ganz einvernehmlich zusammengearbeitet. In der
geographischen Beschreibung habe ich verschiedene Hinweise
gefunden, die die gemeinsame Arbeit begründen können. Während Martens
bei seinem umfänglichen Gesamtwerk die Hinweise auf seine Autorenschaft
nicht verbarg, trat Braunsdorf offensichtlich
erheblich bescheidener bei Veröffentlichungen auf. So sind die von
Riemann als Hinweise auf die Autorenschaft Braunsdorf genannten Stellen
über den Ochsenkopf in den "Mannigfaltigkeiten" oder über die
Knochenfunde zu Tralens im Jeverländischen Magazin nur mit den
Buchstaben "W." und "B." bzw "W." und M. B."
gekennzeichnet, welche als "Waddewarden" und "Magister
Braunsdorf" interpretiert werden. Ein achtseitiger Artikel über die
Reformations-
und Kirchengeschichte der Herrschaft Jever in dem Jeverischen Magazin
(Textteil der
Jeverländischen wöchentlichen Anzeigen und Nachrichten) wiederum ist
mit M. Braunsdorf überschrieben. So
kann ich ergänzend zu Riemanns Spurensuche aufführen, dass Braunsdorf
mit den Angaben auf Seite 91 dieser neuen Ausgabe von "den mir
vorliegenden gesammelten Nachrichten" spricht, auf Seite 92 "In M.
Nachrichten war befindlich... ", auf Seite 97 von "den von uns...
entdeckten annotationibus Jeverensibus.." auf die Mehrautorenschaft
hinweist.
Die Lebensläufe beider Autoren nach den Angaben des Schlossmuseums:
Martin Bernhard Martens; Chronist, PolyhistorMöglicherweise
wurde das Manuskript oder eine Abschrift davon in dem dreibändigen Werk Ostfriesland
und Jever in geographischer, statistischer und besonders
landwirtschaftlicher Hinsicht von Johann Friedrich
Arends (* 1782
† 1861,
Geograf, Wirtschaftswissenschaftler und Kulturhistoriker) verwendet.
Bereits
in der ersten Fußnote des Berichtes über das Jeverland (im Band
2, herausgegeben 1819) weist Arends auf
die Nutzung einer zur Verfügung
gestellten Handschrift hin, einer „geographischen
Beschreibung Jeverlands".
Im
Subskribentenverzeichnis dieses Werkes findet sich
auch Magister J.G.S. Braunsdorf. Den Abschnitt über das
Jeverland aus dem Werke Arends habe ich als aktuelle Edition
aufbereitet und erläutert.
Leider sind die Manuskripte von Braunsdorf und Martens, zumindest die geographische Beschreibung des Jeverlandes betreffend, in der Bibliothek des Mariengymnasiums nicht mehr auffindbar. Ein Vergleich hätte sicherlich zu einigen fehlenden oder unvollständigen Angaben im vorhandenen Druck sowie auch zu der Textgliederung Aufschluss geben können.
Die neue
Ausgabe Martens
/ Braunsdorf zur Geographischen Beschreibung hier zum
Lesen oder Herunterladen (1 MB).
Ergänzend zu
dieser geographischen Beschreibung des Jeverlandes gibt es aus der
damaligen Zeit auch weitere zeitgenössische Darstellungen. In den
Jahren 1788 bis 91 zogen der Kartograph R. G. Kunstenbach und der Maler E. C. Dunker durch das
Jeverland und erstellten Aquarelle verschiedener Ortschaften. Kunstenbach skizzierte in Tinte, Dunker färbte diese ein. Im
Schlossmuseum Jever werden diese kleinen nummerierten Ansichten (ca. 25
x 12 cm) wechselweise ausgestellt.
Zugleich machte auch die Landesvermessung und Landkartenerstellung
große Fortschritte. Der preußische General
Karl Ludwig
le Coq stellte zwischen 1797 und 1805 für
Nordwestdeutschland ein aus 20 Blättern bestehendes Kartenwerk
zusammen. Er stützte sich neben eigenen Vermessungen
auch auf andere vorhandene Teilkarten (Camp für Ostfriesland,
Vogteikarten Oldenburg..).
So zeigt
zum Beispiel das Aquarell Nr. 12 von Kunstenbach/Dunker die Anordnung
der drei Gehöfte auf Utlande, wie sie auch heute noch stehen. Die Erwähnung einer Mühle bei
Martens-Braunsdorf aber wird erst durch die Karten von le Coq und späteren
Nachfolgern bestätigt.
Kunstenbach / Dunker (1789/9)
Nr. 12 Uthlande im Wiefelser Kirchspiel |
Uthlande. Hier ist eine Mühle, um das überschüssige, stehende Landwasser wegzuschaffen. Aus dem Namen könnte man schließen, als sei nur bis dahin das fruchttragende Land ehemals gegangen, das mit einem Deich umgeben war, dieses aber sei außen = ut dem Deiche noch liegen geblieben und sei also Watt auf dieser Seite gewesen" (S.65). |
Ausschnitt aus der Karte von le Coq 1806
Ausschnitt aus der
Karte von Reymann 1823
Es
wäre schön, wenn die Geographische Beschreibung des Jeverlandes von
Braunsdorf/Martens, zusammen mit den
Aquarellen von Kunstenbach und Dunker sowie einer Karte der
damaligen Zeit, in einem richtigen und schönen Buch neu herausgegeben
wird.
Quellen:
- Magister
Braunsdorfs, Prediger zu Waddewarden, Gesammelte Nachrichten zur
geographischen Beschreibung der Herrschaft Jever.
Hrg. F. W. Riemann. Jever 1896. Bibliothek
Schlossmuseum Jever, Signatur R280
- Jeversches
Wochenblatt 1926,
Ausgaben Nr. 88, 89, 91 und 92
- Jeverische
wöchentliche Anzeigen und Nachrichten. Jahresband 1791, darin auch
Magazinseiten des Jahres 1801 und die "Mannigfaltigkeiten" (1794?)
Ergänzende
Informationen:
- Karl Fissen, Friedrich Wilhelm Riemann.
In: Bernhard Schönbohm, Bekannte und berühmte Jeverländer. Jever 1981,
S. 151.
-
Bernhard Schönbohm, Magister Johann Gottlieb Siegmund Braunsdorf.
In: Bernhard Schönbohm, Bekannte und berühmte Jeverländer. Jever 1981,
S. 25.
- Georg Janßen, Martin Bernhard Martens. In:
Oldenburger Jahrbuch
1919/20, Seite 354 sowie Nachdruck in: Bernhard
Schönbohm,
Bekannte und berühmte Jeverländer. Jever 1981, S. 21 -
jeweils mit Werkliste.
- Jeverische wöchentliche
Anzeigen und Nachrichten. 13. Stück, 25.07.1791. Anzeige Nr. 9.
- Jeversches
Wochenblatt, 14.12.1973: "Fleißiger Lokalhistoriker: Nachlaß füllte
Wäschekörbe."
Text und Repro V. Bleck November 2014