Straßennamen ändern sich


Jever 1600 - 2012

Straßennamen sind heute eine unentbehrliche Grundlage für Adressen. Daher sollten sie schon eine Dauerhaftigkeit und Bestimmbarkeit haben. Man denke an Urkunden, Verträge oder andere Dokumente mit Ortsangaben. Mögen wir auf diese Eindeutigkeit für die Zukunft hoffen - im Rückblick gilt dieses für die Vergangenheit jedenfalls - je genauer wir eine Ortsangabe prüfen wollen - nur eingeschränkt.

Für die Altstadt von Jever - das ist die Stadt innerhalb der ehemaligen Wallanlagen sowie die Vorstadt in Richtung Schlachte - gehen einige Straßennamen wenigstens zurück bis ins 16. Jahrhundert. Dieses wird aus Verträgen, Urkunden etc. ersichtlich. Konkrete Stadtpläne oder Lagezeichnungen gibt es erst viel später. Glaubwürdige Pläne tauchen zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf. Ob der "Grundriss der Vestung und der Stadt Jever (1768)" eine realistische Wiedergabe ist oder eine nie umgesetzte Planung aufzeigt - insbesondere für die militärischen Aspekte - ist nicht bekannt. Aber dieser Plan ist eine Quelle für Einzelheiten des damaligen Stadtbildes. Zu hinterfragen sind die Angabe aber allemal: vielleicht war der Zeichner nicht von hier und so sind möglicherweise einige Ungenauigkeiten eingeflossen.

Eine wichtige Quelle ist weiterhin die ausführliche Beschreibung der Stadt durch Magister Braunsdorf (bzw. Martens) aus den Jahren 1796 bis 1802. Die unten aufgeführten Zitate werden es zeigen.

Mit dem Urkataster, welches bis etwa 1840 aufgestellt wurde und aus dessen Übersichtskarte der Stadtplan von 1844 entstanden ist, finden wir die meisten heutigen Bezeichnungen bereits; die Stadt war nur unmerklich größer geworden. Nordergast und Südergast waren noch Sammelbezeichnungen für die Äcker und Gärten. Erst ab der nächsten Jahrhundertwende brach die Stadt aus ihren mittlerweile geschliffenen Festungsring. Die außerhalb der Wallanlagen einzeilige Bebauung an den Ausfallstraßen (heutige Mühlenstraße, Bahnhofstraße, Wangerländische und Schützenhofstraße) bekam durch Stich- und Ringstraßen auf die hinterliegenden Gartenbereiche Zuwachs. Die Anton-Günther-Straße als wichtige Erschließungsstraße bekam erst 1913 ihren heutigen Namen, die südlich davon abzweigende Wege waren seinerzeit offensichtlich unbenannt, nördlich dieser Straße wurden erste Häuser gebaut - meist mit der Ortsangabe Südergast oder Weg zum Armenhaus (heutiges Marianne-Sternberg-Haus).

Die meisten heutigen über 130 offiziellen Straßen und Straßennamen der Stadt entstanden noch später, als in der Nachkriegszeit die Baugebiete Hochhamm, Moorwarfen, Rahrdum, Norder- und Südergast explosionsartig die bebaute Stadtfläche vergrößerten. Mit der Bebauung der Marsch und des Moores (Siabbenmoor, Wangertiefviertel, Normannenviertel, Klein Grashausgelände, Gewerbegebiete etc.) gab es noch einmal einen Zuwachs an Straßen und Straßennamen.
All diese Namen sind jedoch erst höchstens 50 Jahre alt und nur selten beziehen sie sich auf "gewachsene" Namen (z.B. Flurnamen, alte Wohnplatzbezeichnungen). Mal sehen, wie lange einzelne davon Bestand haben.


In der Vergangenheit jedenfalls gab es einige Umbenennungen; die Gründe hierfür sind oft nur zu erahnen. Vielleicht waren es Verwechselungen, die sich einbürgerten, volkstümliche Bezeichnungen, die offiziell wurden oder oder.
Die Umbenennung von Straßen und Plätzen 
nach politischen Machtwechseln aber sind bekannte Demonstrationen. Jever war eine NSDAP-Hochburg. Längst verdrängt und heute unbekannt sind die damals obligatorischen Umbenennungen und die für damals neue Straßen vergebenen (politischen) Namen.
In Jever gilt dieses für das "Siedlungsgelände" bzw. die "Schützenhofsiedlung", wo ab 1935 für die Zivilkräfte des vergrößerten Militärflughafens Upjever der Bau kleiner Einfamilienhäuser in einem nahezu einheitlichen Stil gefördert wurde.

Die folgende Aufstellung ist sicherlich nicht vollständig. Es fehlen veränderte Schreibweisen und auch die aktuelle "Vereinnahmung" der Straße Am alten Hafen in den Treidelweg. Auch das Datum der jetzt gültigen Namen ist (bisher) nur teilweise bekannt bzw. hier vermerkt. Einzelheiten der Entstehung, Namenserklärung und Bedeutung (fast) aller Straßennamen finden sich in den Büchern von Friedrich Orth und als Neuauflage davon in Fr. Orth, B. Müller-Schlombs, W. Trumpf (siehe unten).


heutiger Nameseit vorheriger NameQuelle, Bemerkungen
Albanistraße Fräulein MarienstraßeBraunsdorf: ".. von der Wage bis nach dem kleinen Herrengarten heißt die Fräulein Marienstraße." Kleiner Herrengarten: heute das Sophienstift.
Am Alten Markt Hitler-PlatzNovember 1934 per Magistratsbeschluss umbenannt; offensichtlich nie umgesetzt und benutzt (Piegsa). In den "Ratsprotokollen" 1935 -44 wird nur die Bezeichnung Marktplatz verwendet.  
Am Hillernsen Hamm1969Industriestraßenach mehrjähriger Diskussion wird die zuerst vorgeschlagene 'Industriestraße' durch den dortigen Flurnamen ersetzt.
Akte Neunummerierung 07.08.1969
Am Kirchplatz (Nordseite, auch Ostseite bis zum Rathaus) 1969Neuer Markt bzw.

Am neuen Markt

noch im Stadtplan jüngster Zeit.

Mit Ratsbeschluss vom 26.09.1968 wurde Neuer Markt in Am Kirchplatz (Nr. 19 - 28) umbenannt.
Akte Neunummerierung 25.03.1969.

Am Kirchplatz Kirchhofstraße

ums Kirchhof

Urkataster 1840,

Braunsdorf

Am Wall Fräulein Marien Gang

Am Pferdegrafts Wall

Stadtplan 1768

Urkataster 1840

Anton-Günther-Straße

1913

Mittelgastweg


Weg nach dem Schützenfeld
bis 1913

Karte Dunker 1815: "Situation des Altenmarkt und Schlosses an der Stadt Jever".
Anton-Reling-Straße Wilhelm-Decker-Straße1935 - 45 Siedlungsgelände
Benennung durch "Entschließung" am 24.10.1937
 ("NS-Märtyrer", W. Decker, geb 05.12.1907, am 9.11.1931 in Bremen  umgekommener SA-Mann).
Apothekerstraße SteinstraßeStadtplan 1768
Bahnhofstraße Pannwerk

Pannewarf
Am Pannwarf
Braunsdorf: "wo im 15. u. 16. Jahrh. eine wohleingerichtete Ziegelei vorhanden war."

Anzeige um 1820
Beuthener Straße Büscher-Straße1935 - 45, Siedlungsgelände;
bisher konnte dieser Namensgeber nicht identifiziert werden - wahrscheinlich NS-Gefolgsmann.
Breslauer Straße

1951

Boelke-StraßeErstbenennung: "Entschließung" vom 10./11.5.1937

(Oswald Boelcke/Boelke: erfolgreicher Kampfflieger des WK I, Absturz  28.11.1916; siehe Wikipedia)

Clevernser Schulweg Rahrdumer TodtenwegMarschalleck
Danziger Straße Heinrich-Eichler-Straße




Edo-Wiemken-Straße
(Benennung vor Mai 1937)
Heinrich Eichler war ab 1928 NSDAP-Landtagsabgeordneter, ab 1931 sogar Landtagspräsident in Oldenburg und starb 1932 (Piegsa)

Laut JeWo 28.12.1954, offensichtlich kurzzeitig nach dem Kriege, um den NS-Namen zu vermeiden.

Eichenallee

1951

Mitscherlichwegbis 1951
Elisabethufer Am Pferdegraben
An der Pferdegraft
nach Orth (damals waren beide Graften noch verbunden)
Erlenweg (Moorwarfen)

1976

BirkenwegRatsbeschluss vom 25.06.1976 - nach der Eingemeindung von Cleverns Sandel 1972 zugunsten des Birkenweges in Cleverns
Fasanenweg Moorwarfen

1970

 Ratsbeschluss vom 25.03.1970
Flamenstraat Kirchstraße

Kleine Burgstraße

Braunsdorf: "Von der ehemaligen Flaampforte bis nach dem Kirchhofe gerade hinauf ist die Kirchstraße."

Stadtplan 1768

Friesenweg

1956

Ziegenreihe auf Wunsch der damaligen Anlieger....
Grashausweg Gartensweg

Herrengartenweg
Stadtplan 1844

Karte Dunker 1815: "Situation des Altenmarkt und Schlosses an der Stadt Jever"
Große Wasserpfortstraße WesterstraßeOrth nach Woebken
Grüner Garten

1976

Grüner WegRatsbeschluss vom 25.06.1976 - nach der Eingemeindung von Cleverns Sandel 1972 zugunsten des Grünen Weges in Cleverns
Haaks Gartenca.

1995

Remmers Gartenzwar nicht als bewohnte Straße , sondern vorher...

1913 im Bauantrag zum heutigen Haus Anton-Günther-Straße 57

Hajo-Jürgens-Straße Johann-Lüchtenborg-Straße1935 - 45 Siedlungsgelände ("NS-Märtyrer", 23.04.1932 umgekommen)
Hermann-Gröschler Weg  ca.
1992
PüttwegBraunsdorf, für den Teil innerhalb des Walles
Hohnholzstraße

nördlich Anton-Günther-Str.

1937

Philosophenweg


Schwarzer Weg

1913 im Bauantrag zum heutigen Haus Anton-Günther-Straße 57

1937 in einem Bauantrag; auch "erweiterte Bismarckstraße"

Umbenennung des Schwarzen Weges zu Hohnholzstr.: "Entschließung" 10./11.5.1937(Diedrich Hohnholz 1847 - 1932, Heimatforscher, Mitbegründer des Heimatmuseums, Rektor). Im "Ratsprotokoll" (=Zeitungsbericht) zur Sitzung am 24.10.37 wird der Schwarze Weg im Zusammenhang mit einem Sportplatzbau genannt.
Hooksweg1969Schlachtebis 1969 hatten die Wohnhäuser  - damals weniger - die Anschrift  Schlachte.
Akte Neunummmerierung 27.06.1969.
Hopfenzaun  

Hoppentun
Hopfenzauner Straße

1581
1663 laut Rechnungsbücher
IbenwegAlbert Iben-Aeckerausgehend von der Südergast wurden ab 1927 die vom Albert Iben-Vermächtnis gekauften Ländereien bebaut.
Der Fußweg Richtung Stadtmitte existierte wohl schon viel länger.
Lagepläne in den Bauanträgen um 1910.
Jeversche Straße Lüde-Weg, Lüh-WegBraunsdorf : "..vom Dünkagel bis Sibtshaus.."
Johann-Albers-Weg1968Landrat-Johann-Albers-WegLaut Fr. Orth wurde der Titel 'Landrat' auf dem Schild weggelassen - wurde das Schild zu lang?
Jonasgang Burggrafengang
Präceptorgang
Braunsdorf
Kaakstraße OsterstraßeStadtplan 1844, noch 1953, aber schon Bauantrag zu Nr. 19 (1912) mit dem Namen Kakstr.
Kiebitzstraße Johann-Gossel-Straße1935 - 45 Siedlungsgelände ("NS-Märtyrer", 21.06.1931 umgekommen)
Kleine Burgstraße Sieben Düvels Straße

Sieben-Teufel-Straße

Geisterstraße

Stadtplan 1768;

noch 1824 im Stadtplan, im Urkataster ab 1840 nicht mehr;

Braunsdorf: "In der Ecke am Wall der Krumm Ellenbogenstraße nach dem Schlosse hinten herum bis an die Wage ist die sog. Sieben Teufels- oder Geisterstraße, die sonst auch kleine Burgstraße pflegt genannt zu werden."

Jev. Wochenblatt 1913: ".. soll künftig Kleine Burgstraße heißen.."

Kleine Rosmarinstraße Kat(h)arinenstraße


Kl. Rosmarienstraße
Orth: nach Stadtplan 1741, nicht mehr 1768

in einem Bauantrag von 1936 (einmaliger Schreibfehler?)
Kleine Kirchhofstraße Am Markt

Petersilienstraße

Pastorengang

Stadtplan 1768

Orth

Bauantrag 1923

Langelandstraße Nebenstraße Rahrdumnoch 1953
Leipziger Straße1969Auf dem HochhammStadtplan (1968/9)
Lerchenweg1974(Moorwarfer) GastwegDie frühere Streubebauung wurde dem Gastweg zugeordnet.
Akte Neunummierung 19.11.1974
Lindenallee Eichenallee

Hindenburg-Allee

noch 1909

November 1934 per Magistratsbeschluss umbenannt; offensichtlich nie umgesetzt und benutzt (Piegsa).

Lützows Garten1972Rosenstraße / PrivatwegDie Streubebauung wurde vorher teils der Rosenstraße zugeordnet, teils dem 'Privatweg'.
Akte Umnummerierung 06.01.1972
Mönchswarf MönkenwarfBraunsdorf
Moorweg 1971



Oll Weg
Bahnhofsweg



Siabbenmoor
lt. Orth im Mittelalter (siehe unten zu Hilkenschloot)
Der Moorweg beginnt ab 1971 ab dem Bahnübergang, vorher waren dieses die Häuser Bahnhofsweg 1 bis 22, 33 und 35 . Akte Neunummerierung 16.07.1971

Stadtplan (1968/9)
1768 Burgstraße1768 Steinstraße1844 St. Annen Vorstadt

Mühlenstraße Lüh- Weg

Dünkageler Weg

Katasterkarte 1929 südlich der Anton-Günther-Einmündung;

Braunsdorf

Mühlenweg Moorwarfer Todtenweg Von Alt-Moorwarfen nach Jever über die Marsch - bis 1844?
Neue Straße

1650

JudenstraßeBraunsdorf: "die Judenstraße von 25 Häusern, die ihren Namen davon erhalten hat, daß der erste Jude, Meier Levi, 1698 hier wohnte, deren Kirchhof auch hier gewesen sein soll. Sie wird auch die Neue Straße genannt, weil sie die letzte gewesen, die 1650 gebaut worden.

auch noch 1815 (Karte Dunker)
Ochsenhammsweg OssenhammswegStadtplan 1844
Ossenpadd

2007

Ochsenhammsweg (Cleverns)Zwar nur ein Feldweg ohne Anwohner, aber die heutigen Navis zogen diesen Weg in der Clevernser Marsch der gleichnamigen Straße in der Stadt immer wieder vor...
Ostfriesenweg Hinter dem Kaffeehaus Titel des Genossenschaftsweges
Ottenburger WegFeb. 2012
Wittmunder Straße
Wittmunder Weg
Zuordnung in die historische Lage: Vor 1849 führte auf der alten Bundesstraßentrasse von Jever über Scheperhausen der Ottenburger Weg nach Schluis. Eine direkte Verbindung nach Asel gab es vorher nicht. In Erinnerung daran hieß die dortige Hofstelle lange Zeit "Am Ottenburger Wege'. Jetzt ist es wieder richtig.
Durch den Neubau der B210 im Jahre 2000 wurde der alte Abschnitt zwischen der Mühlentiefbrücke und dem Gehöft Am Ottenburger Wege als landwirtschaftlicher Weg (mit eigenem Radweg) herabgestuft. Ein eigener Name sollte die Änderung
verdeutlichen.
Rahrdumer Straße Rahrdumer Wegin einem Bauantrag 1928
Raiffeisenstraße1969BahnhofswegTeilstück zwischen Milch- und Sellostraße .
Akten Neunummerierung 9.10.1969 und 28.01.1970
Sandeler Straße südl. Sandel TotenwegMarschallek 1955 zu Fund Nr. 19
Schenumer Weg (nördl. der Jan-Iben-Brücke über das Mühlentief)Feb. 2012Ottenburger WegHistorisch war hier der Name O. nie richtig gewesen. Die modernen Navis verführten zur einigem Suchverkehr, wenn die gleichnamige Hofstätte angefahren werden sollte - die lag aber an der Wittmunder Straße bzw. dem Wittmunder Weg
Schillerstraße Spukwegbis 1908, 1919 (Sackgasse), erst 1946/7 durchgehend
Schulgang1971Terrassedie heutigen Nummern 2a und 2b wurden als Terrasse adressiert.
Akte Umnummerierung 06.04.1971.
Schulstraße

1955

Englischer Weg

Arme Sünder Weg

bis 1955 ( Orth: eigentlich Engelschen Weg, neben dem Friedhof)

Braunsdorf: "der Platz, wo die Missethäter begraben wurden."

(Martens) nach Orth

Schützenhofstraße Clevernser Weg

Chaussee nach Cleverns

1883

Bauanträge

Stadlander Weg1977Schrägstraßelaut Stadtplan (1968/9), sehr fragwürdig... (siehe Stadtplan von Jever - etwa 1968)
St.-AnnenstraßeHarlingerstraße1417
laut  Carl Woebcken
Steinstraße (Ostteil)


                  (Westteil)

 Petersilienstraße


Dicke Tonnenstraße

Dicktonnenstraße

Stadtplan 1768;

Braunsdorf: "Vom Markte nach dem Archidiakonatshause ist die Petersilienstraße."

Braunsdorf: "Die Straße, wo man von der Steinstraße durch die St. Annenstraße nach der Wasserpfortstraße gehen will, wird von einigen die dicke Tonnenstraße genannt, weil sie fast so aussieht."

Terrasse Gang nach dem Albanithore und dem Armenhausnach Orth: Plan 1815 bis 1875, Terrasse war nur ein Teil dieses Weges. Die Bezeichnung Terrasse bezieht sich auf die Weinterrassen des Hofes.
Theodor-Fetkötter-Straße

1995

LohneReststück nach der Überbauung der Rosenstraße durch die Brauerei östlich der Schillerstraße bis ca. 1995 ?
Theodor-Fetkötter-Straße  RosenstraßeKatasterkarte 1929: durchgehend bis zur Schlachtstraße.....
Wangerstraße WangerttorstraßeOrth
Wangerländische Straße Nr. 1, 3 und 51969SchlachteAkte Neunummerierung 16.06.1969
Wittmunder Straße (innerorts) KirchhofstraßeStadtplan 1844

Braunsdorf führt in der Beschreibung der Stadt und Vorstadt Namen von Straßen und Wege auf, die heute verloren gegangen sind:

"Ferner gehören zur Vorstadt: .... die Fischershäuserstraße von 2 Häusern"

"der alte Umgang hat darum den Namen, weil vor den Zeiten der Reformation der Umgang aus Jever von dem darin belegenen alten, grauen Kloster nach dem Opferhause d. i. dem Diakonate in der Wasserpfortstraße über die Gast da herum u. so wieder herwärts gegangen ist."

"der Hilkenschlot, od. der sog. alte Weg, wo ehedessen, ehe der Lühweg noch aus dem Moore aufgegraben war, die allgemeine Heerstraße nach dem Flecken Jever ging."  

"Nahe an der kleinen Burgstraße ging auch im 15. Säculo eine kleine Gasse durch die Rosmarin- und Krumm Ellenbogenstraße das Hexenpatt genannt, die aber jetzt gänzlich bebauet ist."

"Hinter dem Hopfenzaun, in der Mitte nach dem Walle hinaus, befindet sich die alte Cavillerey, oder der Rakkergang, weil in vorigen Zeiten der Abdecker hier wohnte, ehe seine Wohnung außer der Stadt auf den grünen Warf verlegt wurde; nächst diesem die Musemackerey, oder Musemachershaus; dem gegenüber hinter dem Brunnen die Kikebushörn, und hinten am Walle der Jungfernstieg und das Kehlköpken befindlich ist."

Braunsdorf schreibt Waagestraße grundsätzlich mit einem a, obwohl schon 1768 die heutige Weise gebräuchlich war. Die Stadtwaage "befand sich nicht weit von der Abzweigung dieser Straße von der Schloßstraße.." (Orth). Im Stadtplan 1768 ist sie mit der Nr. 83 zwischen Kleinen Burgstraße (heute Flamenstraat) und der Großen Burgstraße angegeben.

Bei den NS-Straßennamen tun sich alle schwer, keiner  will sich erinnern, auch wenn er z.B. damals in der heutigen Kiebitzstraße als Jugendlicher gelebt hat...
Das Siedlungsgelände am Schützenhof wurde ab 1935 durch den "nationalsozialistischen Wohnungsbau" gefördert. Bis Ende 1938 waren bereits drei der dortigen neuen Straßen nach "nationalsozialistischen Vorkämpfern aus den Gau Weser-Ems" benannt worden (Decker, Gossel, Lüchtenborg). In der Dezember-"Ratssitzung" von 1938 wurde bekanntgegeben, dass in der Siedlung auch der Name "Straße der SA" vergeben werden soll, da "die SA einen hervorragenden Anteil an der Schaffung dieser Siedlung" hat. Ob es dazu gekommen ist?

Fr. Orth gibt in seinem wichtigen Buch zu den besagten Straßen nur vage Hinweise:

Anton-Reling-Straße"Früher trug sie den Namen eines Angehörigen des NS-Regimes"
Beuthener Straße"Nach dem letzten Krieg erhielten mehrere Straßen in neuen Wohnviertel im Westen der Stadt (Städteviertel) Namen nach Städten der verlorenen Ostgebiete und Mitteldeutschlands."
Breslauer Straße"Vorher hieß sie Boelkestraße, benannt nach einem der erfolgreichsten Kampfflieger des Ersten Weltkrieges."
Danziger Straße"Diese Straße liegt in der 1935 gegründeten Wohnsiedlung westlich der Schützenhofstraße."
Hajo-Jürgens-Straße"Diese Straße in der 1935 gegründeten Wohnsiedlung westlich der Schützenhofstraße wurde bald nach dem letzten Krieg nach.... benannt."
Kiebitzstraße"Vorher war die Straße nach einem 1931 bei politischen Auseinandersetzungen ums Leben gekommenen Anhänger Hitlers benannt."


Die Aufarbeitu
ng der NS-Zeit in der Stadt machte ab den achtziger Jahren Fortschritte (Kapitulationsdiskussion, Initiativen zu jüdischen Mitbürgern am Mariengymnasium, Denkmal jüdischer Bürger beim Amtsgericht etc.). Die Zeit scheint reif für vollständige Information.

Frau Müller-Schlombs, der ich während der Recherche zur Neuauflage des Buches die Straßennamen des Siedlungsgeländes während der NS-Zeit nannte, wagte aber auch 2003 nicht, diese in dem "heimatkundlichen Kleinod, das uns hilft, die Geschichte unserer Stadt besser zu verstehen" (Einleitung) zu veröffentlichen. Wo Orth noch einen Hinweis auf die frühere NS-Namensgebung gab, bei der Anton-Reling-Straße und der Kiebitzstraße, kürzte sie auch diese Hinweise:

Anton-Reling-Straße "Die Straße gehört zu der 1935 gegründeten Wohnsiedlung westlich der Schützenhofstraße und erhielt diesen Namen bald nach dem letzten Krieg."
Kiebitzstraße"Das Wohnviertel wurde 1935 westlich der Schützenhofstraße gegründet."

Bei der Breslauer Straße beließ sie es bei der Erwähnung von Boelke.
Moralischer Widerspruch?

Orth traute sich nicht, die NS-Namen zu nennen. Auch wenn Oswald Boelke kein Nazi war, die Nazis nutzten dessen Bekanntheit aus und gründeten damals sofort ein Geschwader mit seinem Namen. Diese Straßenbenennung in dem Siedlungsgelände für das Personal des Flughafens ist in Verbindung mit dem Ausbau des nahen Flugplatzes Upjever zu sehen. Der Hinweis auf den erfolgreichen Kampfflieger des ersten Weltkrieges passierte bei beiden unbehelligt die "Zensur" (Schreibweise unterschiedlich: auch Boelcke).


Quellen:
Stadtplan 1768 : Bibliothek des Schlossmuseums, Sign. Ka I a Nr. 4a
Stadtplan 1844: Sonderdruck Firma Babatz
Urkataster um 1840, Katasteramt
Katasterkarte 1929, Katasteramt
Magister Braunsdorf: Gesammelte Nachrichten zur Geographischen Beschreibung der Herrschaft Jever. Herausgegeben von F.W. Riemann 1896
Friedrich Orth: Die Straßen der Stadt Jever. 1985
Friedrich Orth, Barbara Müller-Schlombs, Wolfgang Trumpf: Jever so alt und so neu . 2004
Bernhard Piegsa: Zeitgeschichtlicher Rundgang durch Jever. Musealog 2005, unveröffentlicht
Carl Wöbcken: Geschichte unseres Raumes. In: Der Landkreis Friesland. Stalling, Oldenburg, 1963, S. 17.
Akten Neunummerierung I und II (1967 - 1975)
Jeversches Wochenblatt 28.12.1954
"Niederschriftsbuch über die Beratung mit den Gemeinderäten und über die Entschließungen des Bürgermeisters" zwischen Juni 1935 und Dezember 1944

V. Bleck, 2/2010 , Ergänzungen bis 02/2012, Ergänzungen aus 'Akten Neunummerierung 10/2012-11/2016